Rund Bornholm – erster Versuch
Im Winter träumen wir vom Segeln, Lukas schlug darauf vor, uns bei der Regatta Rund Bornholm anzumelden. Gesagt, getan, gechartert. Wir sind zu 7t: Lukas als Skipper, Eva als Co., Janna, Wolfgang, Irene, Steffen und Matthias treffen sich zum Probeschlag am Sonntag im Yachthafen Hohe Düne.
Gemeldet sind 28 Boote, unterteilt in 2 Startergruppen, so daß wir Sonntagabend aus der Tischdeko auf die Schnelle einen Zahlenwimpel 2 improvisieren. Und unsere Segelnummer 42 kleben, die in dem Segel wie eine Fußnote aussieht – Optiziffern halt.
Montag Sicherheitscheck: Alle stehen mit Schwimmweste an Deck, so segeln wir an der Wettfahrtleitung auf der Westmole vorbei. Wenig Wind, über Funk die Info Startverschiebung, Zeit für die erste Runde Skat. 13 Uhr geht´s dann doch über die Linie und die Fahrrinne Richtung Nordost, wir liegen ganz gut, der Wind dürfte mehr sein. Unser Wachsystem bringt alle 2 Stunden eine ausgeruhte Person ans Ruder, 2 weitere stehen für alle Segelmanöver, Navigation und Verpflegung bereit. Noch liegt das Feld dicht beisammen, die Nerven gespannt – wer kommt uns näher, wo können wir Abstand gewinnen? Nachts ist dann mit Strom vor dem Darß wenig zu holen – geht zum Glück den meisten so. Aber der helle Schimmer im Norden läßt auf der Wasseroberfläche die Windfelder erahnen, und mit Sonnenaufgang haben wir manche Konkurrenz hinter uns gelassen. Jetzt frischt der Wind mit jeder Stunde auf, gegen Mittag liegen wir nördlich von Rügen und haben 5 Bft gegenan, zu denen sich auch eine Welle aufzubauen beginnt.
Es ist Dienstag mittag, 280 Seemeilen Strecke insgesamt und wir kommen nur mühsam voran! Der Wetterbericht sagt für die kommende Nacht eine ausgedehnte Gewitterfront mit 7-8 Bft aus Ost zwischen Rügen und Bornholm voraus, dahinter mindestens 1 Tag Flaute. Was tun? Bestenfalls schaffen wir es bis Mittwoch vor die Insel Bornholm, die es zu runden gilt. Dann sind wir noch nicht drumherum und stehen ohne Wind da – keine Chance bis Donnerstagabend innerhalb des Zeitlimits zurückzukehren. Sind deshalb schon einige umgekehrt?!
Erst seit 24 Stunden unterwegs – und jetzt aufgeben? Wir nehmen uns Bedenkzeit für die Entscheidung und drehen nach einer Badepause vor Hiddensee schließlich enttäuscht ab. Auf dem Plotter sehen wir einige, die es uns gleichtun. Lust hat keine/r, heute Abend in Hohe Düne wieder festzumachen, der Ostwind hat inzwischen ca 1,5 Meter Wellen geformt, die unters Heck greifen. Rund Mön?
Aus einem Scherz entsteht die Idee, Klintholm anzusteuern, die Laune bessert sich und wie in der Achterbahn schaukeln wir im ersten Reff gen Westen. Wie körperlich und geistig anstrengend der Balanceakt in der Welle ist, unterschätzt sich leicht. Klintholm vor Augen sind wir gedanklich schon im Hafen, als uns eine Kette von Handgriffen beinahe manövrierbehindert daran vorbeitreiben läßt. Die Fock reißt beim Bergen ein, bevor wir einlaufen können, und mit dem Anlegen macht sich die Erschöpfung breit.
Legendär freundlich begrüßt uns der Hafenmeister an der eigentlich gesperrten Mole, wo der Herbststurm den Asphalt von unten angehoben hat. Er vermittelt uns am nächsten Morgen einen Segelmacher in Vordingborg. Vordin-wo? 30 Seemeilen der Fahrrinne folgen, um dann nachmittags zu hoffen, daß er unsere Fock gleich repariert, und nachts durch die unbefeuerten Tonnen unter Motor gegen den Wind wieder zurück?
Janna und Irene sammeln morgens alle Klebestreifen an Bord zusammen und reparieren den Riss im Achterlik, provisorisch aber akurat. Der Wind hat stark nachgelassen, als wir Mittwochnachmittag Richtung Warnemünde aufbrechen, nur ein bißchen Regen zu den Gewittern in der Ferne über Land begleitet uns. Abends eröffnet an Deck der Wrap-Imbiß, Teigfladen gefüllt mit Gemüse, Käse, Wurst in der Abendsonne. Wir segeln in unsere zweite Nacht auf See, die Fahrrinne undeutlich neben uns, mal wenig und mal weniger Wind.
Morgens halb 6 laufen wir wieder in Warnemünde ein, in der Stille des Morgens trötet es, als wir die Ziellinie queren. Gefolgt von einer Yacht, die tatsächlich von Bornholm kommt, so daß wir der Wettfahrtleitung gleich unser DSC funken: “did not sail course”.
Der Tag vergeht mit Segelreparatur in Rostock, Baden am nahen Strand und einem unverhofften Stimmungskick. Am Imbißwagen weiß man bestens bescheid, wer – außer uns – schon alles aufgegeben hat und seine Suppe (im Startgeld inkl) nicht mehr holen kommt: Wenn 20 Schiffe aufgeben, müssen wir uns dessen nicht schämen. Und schmieden schon Pläne für 2025, das wollen wir doch mal sehen… Heute pflücken wir Lukas´ Freundin Hella buchstäblich vom Kai, gönnen uns noch einen Segeltag vor Warnemünde, wo wir endlich den Blister auspacken und abends am Strom gemeinsam einkehren.
2025 – nächster Versuch.