Winterfrühsport
Gemäß des DWD bestimmt in diesen Tagen ein ausgedehnter Tiefdruckkomplex vom nördlichen Atlantik bis nach Skandinavien die Wetterlage hierzulande. Von daher hätte ich Wetten darauf abschließen können, dass es Andreas ist, als ich am Dienstagabend gegen 19 Uhr das klingelnde Telefon hervorkramte.
„Uwe hast Du Bock auf eine schnelle Nummer?“
Was immer eine solche Frage in einem anderen Sinnzusammenhang außerhalb der Segelei bedeuten mochte, hier ist das Ansinnen eindeutig formuliert. Mit einer am Fall befestigten Campingleuchte (als Toplicht) den Contender von den angesagten Spitzen bis 7 Bft durch die stockdunkle Nacht über die Havelgewässer prügeln lassen.
Das ist für so ein „Augentier“, wie es der Menschen nun einmal ist, eine eigenartige Segelerfahrung, da die gesamte Sensorik anders gewichtet ist. Die Bewegungen und der „Wille“ des Bootes, die Druckentwicklung im Segel, ob Dreher oder Bö, nun alles abhängig von der taktilen Sensibilität. Die Schot in der Klemme zu fahren ist fatal. Ebenso sich in seinem Boot nicht „blind“ zurechtzufinden.
Leider muss ich absagen, ich habe mein Segelkind vom Training in Werder abzuholen. Allerdings ist der Gedanke an eine „schnelle Nummer“ nun präsent und geht „von allein“ wohl nicht mehr weg. Also klingelt der Wecker um 6 Uhr in der Früh. Der Neo liegt bereit und in diesem geht es vor dem Berufsverkehr in die Wielandstraße. Bei einem leichten Ergrauen des Horizonts taucht die „Dänische Kogge“ ins Wasser. Nach Absenken von Schwert und Ruder geht es mit tastenden Kreuzschlägen auf den Templiner See und weiter bis vor den Bahndamm. Für einen Ausflug nach Caputh reicht die Zeit nicht. Dann eben mit der Welle zum Grünen Pfahl und vor dem Wind kreuzend weiter in die Saubucht. Beim Anblick der Enten im Hafenbecken des PSV sticht mich der Hafer und ich beschließe die beiden Takeldalben zu runden. Bedeutet zweimal Halse, Luven an einer Leemarke und zwei kurze Kreuzschläge, alles auf engstem Raum. Da der Wind mit der ersten Halse nochmal zulegt wird das Unterfangen sportlich bis kurz vor hektisch. Geht aber ohne Wasserkontakt vonstatten. Hm, eigentlich auch ein netter Parcours für Opti –Training zumal im stehtiefen Wasser…
Bei dem langen Schlag aus der Saubucht heraus zeigt sich zwischen dem Horizont und einer Wolkenkante ein rotgoldener Streifen. Jetzt weiß ich wieder, wieso ich den Wecker gestellt habe und mir überhaupt das alles antue. Allerdings weiß ich jetzt auch, dass ich den Heimweg antreten sollte. Mein Arbeitstag beginnt bald. Als ich das Segel zusammenrolle, fällt mir das erste Mal auf, dass es trocken geblieben ist. Hm, geht doch…
Uwe, DEN42